Die 870 Mitglieder der Kinder- und Jugendfeuerwehren des Jerichower Landes lernen, Menschen in Notsituationen zu helfen. Aber auch der Spaß an der Gemeinschaft kommt nicht zu kurz.

Freitag ist Feuerwehrnachwuchstag im Jerichower Land. Alle 14 Tage vor dem Wochenende treffen sich die Mitglieder der 63 Kinder- und Jugendfeuerwehren: darunter 22 Kinderfeuerwehren (für die Sechs- bis Zehnjährigen) sowie 41 Jugendfeuerwehren (für die Zehn- bis Siebzehnjährigen). Insgesamt 870 Schützlinge, für die die Feuerwehrfrau Bianca Plöntzke als Verbands- und Kreisjugendwartin des Jerichower Landes den Hut aufhat. „Und das mit großer Leidenschaft“, sagt die 52-Jährige. Seit 2003 ist die hauptberufliche Kundenbetreuerin bei der Deutschen Bahn dabei, fährt selbst Einsätze der Freiwilligen Feuerwehr (FFW) mit. Aber ihre Leidenschaft, die gehöre dem Feuerwehrnachwuchs, gesteht sie freudestrahlend. „Meine kleinen Feuerwehrmädchen und -jungen mit ihrem Elan und ihrer Begeisterung sind mir einfach ans Herz gewachsen.“ Sie selbst sei ein Organisationstalent. „Genau das wurde gebraucht. Da musste ich nicht lange überlegen, als man mir diese Verantwortung nahelegte.“

Worin genau die besteht? „Unseren Kindern und Jugendlichen altersgerecht – und das heißt mit sechs Jahren eben auch spielerisch – Wissen zu vermitteln, um später zu den Großen zu gehören und helfen zu können, wenn Hilfe gebraucht wird“, erklärt sie.

 

Mit Feuer und Flamme dabei

Colin gehört der Kinder- und Jugendfeuerwehr an, seit er sechs ist. Und er ist bereits topfit, weiß selbstverständlich, was eine Mulde ist und wofür die Feuerpatsche zum Einsatz kommt. „Das sind Fragen aus unserem Kartenspiel, das wir für Übungszwecke selbst gebastelt haben“, erklärt Ingo Brauer, Jugendwart der FFW Jerichow. Die Kids ziehen eine Karte mit einem Begriff und sagen, was sie da sehen: Druckschlauch, Fluchthaube, Mittelschaumpistole, Blitzleuchte, Kohlendioxidlöscher, Abschleppseil, Sandschaufel und eben auch Mulde. Colin: „Die wird unters Auto gelegt, wenn das brennt. Andernfalls nämlich würde sich das Benzin ausbreiten und könnte die ganze Straße abfackeln“, kommt ganz selbstbewusst über die Lippen des Neunjährigen. Und was die Feuerpatsche betrifft: „Na klar, damit schlägt man ein Feuer aus.“
Paula, die seit ihrem zehnten Lebensjahr dabei ist, zieht eine Karte und zeigt ein Beispiel: Kübelspritze nebst Zubehör steht da. „Da musst du jetzt wissen, wo genau im Fahrzeug findest du die und was gehört alles dazu?“ Dann erzählt sie uns, dass sie es spannend findet, was man hier alles lernen kann. „Ich will dieses Wissen später auf jeden Fall anwenden und helfen können.“
Auch praktische Übungen gehören zum Ausbildungsprogramm des Feuerwehrnachwuchses. Wie etwa das Kuppeln von Schläuchen. Paula: „Dazu solltest du zunächst mal alle Schläuche kennen, zumal wir auf unseren Fahrzeugen ja mehrere davon haben. Die müssen richtig miteinander gekuppelt werden. So, dass sie beim Einsatz nicht auseinanderplatzen.“ Brauer fügt hinzu: „Unser Nachwuchs lernt auch, was es braucht, um eine Unfallstelle abzusichern und alles Nötige dafür vom Fahrzeug zu holen.“
Noch sind das theoretische Übungen. Was aber, wenn es ab dem 18. Lebensjahr und mit abgeschlossener Grundausbildung ernst werden kann? „Angst darfst du nicht haben, denn dann würdest du als Feuerwehrmann oder -frau nicht vernünftig agieren können. Aber Respekt vor jedem Einsatz, den musst du haben“, bekräftigt Brauer.

Die Mitglieder der Kinder- und Jugendfeuerwehren des Jerichower Landes beim Treffen in Jerichow.

 

Wichtiges fürs Leben

Lucie ist angehende Ergotherapeutin und hat gerade erfolgreich ihre Grundausbildung zum Truppmann (oder besser zur Truppfrau) abgeschlossen und darf jetzt mit zu Einsätzen. „Zwar noch nicht im Angriffstrupp, weil ich noch keine Atemschutzträgerin bin, aber es gibt ja viele weitere Aufgaben, zum Beispiel im Schlauch- und Wassertrupp“, erklärt sie. Kennengelernt habe sie die FFW in der Kita. „Da gab es einen Aktionstag und wir durften ein echtes kleines Feuer löschen. Das fand ich so aufregend, da wollte ich unbedingt hin.“ Mit dabei ist sie inzwischen seit ihrem sechsten Lebensjahr. Heute übt sie mit den Jüngsten mit einer kleinen Kübelspritze – unter dem wachsamen Blick von Bianca Plöntzke, die uns flüsternd verrät, dass Lucie durchaus das Zeug habe, mal ihre Nachfolge anzutreten. Dann steht auf dem Programm, wie ein Notruf abzugeben ist. Die Feuerwehrmädchen und -jungen sind begeistert. „Dafür gibt’s bei uns einen Koffer mit mehreren Telefonen, mit denen man die Leitstelle nachspielen kann“, kommentiert Bianca Plöntzke. Und dabei würden die Jüngsten einmal mehr beweisen, dass sie bereits wissen, worauf es ankommt. Auf die fünf Ws der Feuerwehr nämlich: Wer? Wo? Was? Wie viele? Warten! Wichtig ist Bianca Plöntzke, dass ihre Schützlinge bei der Kinder- und Jugendfeuerwehr auch Wertvolles für ihren Alltag mitnehmen – „wie die Erste Hilfe oder das Verhalten im Straßenverkehr“.

 

Was Colin, Paula, Lucie, Bianca Plöntzke wie auch all die anderen Kleinen und Großen an ihrer Feuerwehr fasziniert: die Gemeinschaft, das Miteinander. Ohne das funktioniere Feuerwehr nun mal nicht, so die Verbands- und Kreisjugendwartin. „Wir lehren schon unseren Jüngsten, dass wir hier alle in einem Boot sitzen, zusammengehören, uns gegenseitig helfen, einer für den anderen einsteht.“ Gleichzeitig gehöre auch der Spaß dazu. „Wir feiern zusammen, machen Ausflüge mit den Kids, organisieren Fackel-umzüge und vieles mehr.“ Das Engagement in der Freiwilligen Feuerwehr sei eine ernste Sache, die aber zugleich auch Spaß machen solle. „Und genau so läuft das bei uns im Jerichower Land.“

Mehr im Netz

Wer selbst gern bei einer der Freiwilligen Feuerwehren im Landkreis aktiv wer-
den möchte, findet viele Infos unter:
www.kfvjl.de