Auf dem Zeltplatz Friedensau laden spannende Angebote ein, sich auszuprobieren, sich zu messen und die Umwelt zu entdecken.

Hörst du die Stille? Riechst du die Tiere? Spürst du den Wind? Schmeckst du die frische Waldluft? „Gar nicht so einfach, oder?“, sagt
Stephan Hartmann. „Darauf muss man sich einlassen können.“ Der Naturpädagoge ist auch heute mit einer Gruppe von Grundschülern aus dem Jerichower Land im Wald unterwegs. Dort bereitet er sie auf eine spannende Aufgabe vor, von der er weiß, dass er sogleich die volle Aufmerksamkeit der jungen Teilnehmenden hat.

Den Wald mit allen Sinnen erleben

Im Kiefernwald gleich neben dem Friedensauer Zeltplatz sticht Hartmann mit einem Spaten kleine Löcher – er nennt es „Bodenfenster“ –  für die Kinder aus. Ausgerüstet mit Löffeln untersuchen sie dann vorsichtig den Boden. „Wer lange genug hinguckt, findet garantiert etwas, das krabbelt“, spornt er an. Spannend dann: Was genau ist das? Ein Käfer? Eine Assel? Eine Spinne? Und was wird aus der Raupe mal werden?

Während die Gruppe eifrig loslegt, berichtet Hartmann davon, dass es für Kinder nicht immer der Zoobesuch sein müsse, wo große, exotische Tiere zu bestaunen seien. „Selbst diese winzigen Waldbewohner, die sie hier gleich finden, üben eine enorme Faszination auf sie aus. Ich erlebe immer wieder, wie aufgeregt und konzentriert die Kinder dabei agieren. Wie sie sich eigene Ziele setzen: ‚Ich möchte jetzt am Nachbarbaum noch ein Loch graben und gucken, was da drin ist.‘“ Genau das sei es, was Naturpädagogik erreichen wolle. „Wir sind kein Biologieunterricht. Wir möchten, dass Kinder spielend auf Entdeckertour den Wert der Natur kennenlernen“, so der 42-Jährige.

Die Natur macht was mit dir

Stephan Hartmann arbeitet gemeinsam mit seiner Frau Cordula bei der Zeltplatz Friedensau gGmbH. Von Hause aus ist er Erziehungswissenschaftler und Theologe. Sie hat ein Grundschullehramt-Studium absolviert, ist zugleich Sonderpädagogin und Naturpädagogin. Für das Projekt, die naturpädagogische Arbeit auf dem Zeltplatz zu etablieren, sind die beiden 2021 nach Friedensau gekommen. „Hier gibt es jede Menge Raum und Möglichkeiten, um sich mit der Natur auseinanderzusetzen, von ihr zu lernen und mit ihr zu wachsen“, sagt Cordula
Hartmann und nennt ein Beispiel: „Das Wetter. Es ist kalt. Oder die Sonne scheint – das ist toll. Manchmal scheint zu viel Sonne – das ist anstrengend. Manchmal regnet es, da werden die Klamotten nass. In der Natur stellen sich andere Fragen als in geschlossenen Räumen. Da ist Vertrautes auf einmal nicht mehr selbstverständlich. Und das macht was mit einem. Die Natur bereichert unsere Wahrnehmung.“

Spielerisch erleben

Diese Erfahrung selbst zu machen, dabei unterstützen die beiden Naturpädagogen die jungen Besucher und begleiten sie durch vielfältige Angebote auf und um den Zeltplatz herum.

Im Ökohaus finden Schulklassen und Jugendgruppen Raum für kleine Events oder Projektwochen. Mit 1.500 Personen passen in die Arena deutlich mehr Menschen. Sie wird zum Beispiel für Konzerte, Festivals und Pfadfinderlager genutzt. Der überdachte Rundbau beherbergt zudem eine Holzwerkstatt, wo die eigenen Fingerfertigkeiten getestet werden können.

Sehr beliebt bei den jungen Gästen: der Naturschwimmteich auf dem Hochschulcampus Friedensau. „Hier gehen wir mit den Gruppen, ausgerüs-tet mit Keschern, auf Erkundung, welche kleinen Lebewesen sich im Wasser tummeln“, erzählt Stephan Hartmann. Für die Kinder sei es total spannend, Kaulquappen zu beobachten, einen Wasserskorpion kennenzulernen oder einen Frosch zu fangen und zu erleben, wie glücklich der dann wieder zurück in den Teich springt. „Denn selbstverständlich lassen wir die Tiere nach unseren Beobachtungen wieder frei.“

Die fünf von den Hartmanns etablierten Naturlehrpfade bieten sowohl Kindern als auch Erwachsenen spannende Infos. Auf dem Pfad „Ökologie des Dorfes“ geht es beispielsweise darum, wie sich Dörfer durch Nachverdichtungen verändert haben, wie wichtig ökologische Nischen sind und was man dafür tun kann. Der Lehrpfad „Wiesen und Gewässer“ will auf die Artenvielfalt aufmerksam machen und dafür sensibilisieren, den Rasenmäher auch mal ruhen zu lassen. Auf dem „Sinnespfad“ können Dinge ausprobiert werden. Auf dem „Nachhaltigkeitspfad“ lässt sich der eigene ökologische Fußabdruck bestimmen. Die Tafeln auf dem „Waldtierpfad“ sind über Tablets und Geopositionsbestimmung auffindbar. „Diese digitalen Hilfsmittel geben wir unseren Besuchern mit und schaffen damit einen Anreiz zum Erkunden“, erklärt Hartmann.


 

Aha-Momente

Die gebe es auch immer wieder auf den Blühwiesen des Geländes, ergänzt Cordula Hartmann. „Die sehen im Sommer nicht nur toll aus und bieten Insekten Nahrung, hier findet man auch essbare Kräuter“, sagt sie und fragt: „Schon mal Brennnesselpralinen probiert? Die machen wir hier selber.“ Zuerst heißt es, Brennnessel suchen, pflücken und die Angst davor zu überwinden, dass die brennen können. Dafür gebe es schließlich Handschuhe. Dann geht’s auch schon an die Zubereitung.

Für jeden was dabei

Genutzt wird das Freiluftangebot von Kitakindern über Jugendliche bis hin zu jungen Erwachsenen. Sie kommen zu Wandertagen, Klassenfahrten, Ferienwochen oder in der Freizeit. „Wie eine Grundschule aus Burg, die im vergangenen Jahr mit drei vierten Klassen zu uns kam und das auch in diesem Jahr wiederholen will“, so Cordula Hartmann.

Heranwachsen unterstützen

Warum die naturpädagogische Arbeit so wertvoll ist? „Weil es viele Kinder gibt, die in ihrem Alltag nur wenig Bezug zur Natur haben, die Natur ihr Heranwachsen jedoch mit wertvollen Impulsen unterstützen kann“, sagt Cordula Hartmann. Gerade Kinder würden über das eigene Erleben den Wert der Natur erfahren und so auch verstehen, warum sie schützenswert ist. Stephan Hartmann ergänzt, dass er vor allem bei Stadtkindern und deren Eltern wenig Naturbezug erlebe. „Manche Eltern reagieren besorgt auf den Vorschlag, die Klassenfahrt zu uns zu machen. Ich kann mein Kind nicht zwei Tage in einem Zelt schlafen lassen. Das ist kalt und unbequem, heißt es dann.“ Hier sei die Naturpädagogik gefragt, solche Bedenken zu zerstreuen. „Mein Empfinden ist, dass gerade diese besondere Klassenfahrt zu uns bei den Teilnehmenden eindrucksvoller in Erinnerung bleibt als die tägliche Schulroutine.“ Mehr Zeit draußen bedeutet auch weniger Zeit drinnen mit Handy und Co. „Wenn wir mit unserer Naturpädagogik die Lust darauf wecken können, haben wir ganz viel richtig gemacht.“

Tipp

Ab diesem Jahr gibt es in der Naturpädagogik auf dem Zeltplatz unter dem Stichwort „Grünes Wissen“ auch Angebote für Erwachsene, die sich Handwerkszeug zur Wald- und Naturpäda­gogik aneignen möchten.

Spielerisch lernen die Kinder die Natur und ihre Bewohner kennen.

Durch die Naturpädagogik lernen die Kinder und Jugendlichen, warum die Natur so schützenswert ist.

Lust zum Ausprobieren? Rezept für einen Teller Brennnesselpralinen
Zutaten:
3 Handvoll Brennnesselblätter
200 g Datteln
200 g Mandelstifte
2 Esslöffel Kokosfett
KokosraspelnWerkzeug:
Schneidebrett
Messer
Mörser
Schale/Schüssel

Zubereitung:
1. Datteln in sehr kleine Stücke schneiden.
2. Mandelstifte im Mörser fein reiben.
3. Brennnesselblätter waschen und fein schneiden.
4. Datteln, Mandeln, Brennnesselblätter und Kokosfett mischen.
5. kleine Bällchen mit der Hand formen und in den Kokosraspeln wälzen und zum Servieren anrichten.

Tipp: Die Brennnesselpralinen schmecken am besten, wenn man sie gleich frisch verzehrt. Aber man kann sie auch ein paar Tage im Kühlschrank aufbewahren. Am besten luftdicht verschlossen in einem Behälter, damit sie nicht austrocknen.
😉

Veranstaltungstipps 

15.06.2025 // 13 bis 17 Uhr App in den Wald

Ausgestattet mit einem Tablet wird gemeinsam als Familie oder Team in den Wald gestartet, um eine der digitalen Rallyes auszuprobieren. Die Teilnehmenden begeben sich auf Baumfühlungstour oder nutzen die Möglichkeit der Waldtierrallye und machen sich auf die Suche nach mehreren versteckten Tieren mitten im Wald.

17.06.2025 // 16 bis 19 Uhr Workshop ‚Wilde Küche‘

Gemeinsam geht es auf Erkundungstour und die Teilnehmenden entdecken, dass so manche wilde Pflanze Superkräfte in sich birgt. Es wird gebacken, gekocht und gebraten mit dem, was im Wald zu finden ist.

20.07.2025 // 10 bis 15 Uhr Bunte Waldwerkstatt

Zum Aktionstag in Friedensau sind Klein und Groß dazu eingeladen, den Wald in all seinen kunterbunten Facetten kennenzulernen. Vielfältige Aktivitäten und Kreativstationen inspirieren die Teilnehmenden dazu, als Waldkünstler tätig zu werden und den Wald mit allen Sinnen zu erleben.

19.08.2025 // 16 bis 19 Uhr Workshop ‚Superhelden des Waldes‘

Superhelden im heimischen Wald? Oh ja, die gibt es! In diesem Workshop können die Teilnehmenden kleine und große Lebewesen aus unserem heimischen Ökosystem kennenlernen: Tiere mit außergewöhnlichen Fähigkeiten oder Superkräften.

Weitere Infos zu den Veranstaltungen sind auf der Homepage zu finden: www.zeltplatz-friedensau.de