In der Loburger Brennereimanufaktur Kullmann darf zugesehen, probiert und mitgenommen werden – ein kulinarischer Abstecher in die Geheimnisse eines guten Tropfens.

Ein aromatisch-würziger Geruch, dazu kuschlige Wärme und ein gemütliches Ambiente: Nein, die Rede ist nicht vom heimischen Wohnzimmer mit Duftkerze, sondern von den Räumen der Brennereimanufaktur Kullmann. Hier, im Herzen von Loburg, wird Hochprozentiges gebrannt, das am Kamin verkostet und natürlich auch geshoppt werden darf. Wobei der Gaumen die Qual der Wahl hat, wenn er aus bis zu 60 erlesenen Spirituosen zwischen 17 und 45,9 alkoholischen Prozenten wählen kann. Auf den Etiketten der edlen Destillate: verlockende Namen wie Kullmann’s Streuobstwiesen Likör, Loburger Laurentius Tropfen oder Jerichower Kloster Klaus. Auch Kullmann’s Scharfe Tomate, der Loburger Storchenbiß und der Loburger Knacktreter wecken Neugierde.

Regional und natürlich

„Alles, was es hier gibt, wird auch von uns hergestellt“, sagt Geschäftsführer und Inhaber Alf Kullmann. Dazu gehören allerlei Obstbrände und -geiste, Liköre, Gin, Whisky, Wodka bis hin zu einer kleinen Auswahl an Rum. Der Schwerpunkt liegt auf regional und natürlich. „Wir setzen auf die Verwendung von natürlichen Grundstoffen und gewährleisten damit eine besonders hohe Qualität.“

Alkohol aus Kartoffeln und Getreide

Gebrannt wird in Loburg seit 1990. Kullmanns Vater und Unternehmensgründer – einst Produktionsleiter bei der LPG, deren Kartoffel- und Getreideabsatz mit der Wende komplett eingebrochen war – hatte damals die Idee, die nicht mehr marktfähigen Knollen und Ähren anders zu verwerten und im Rahmen eines sogenannten Monopols für den Staat Industriealkohol für technische und pharmazeutische Zwecke herzustellen. „Dafür hatten sich drei Agrargenossenschaften zusammengeschlossen und auf einem alten LPG-Gelände eine Industriebrennerei in Gang gesetzt“, erzählt der Junior.

Im 30 Kilometer entfernten Wiesenburg (Ortsteil Reppinichen) etablierte Vater Erich Kullmann drei Jahre später eine Obstbrennerei. Hier wurde für regionale Obstbauern gebrannt.

Neuanfang in Loburg

Mit dem Auslaufen des Monopols 2013 war auch Schluss für die Loburger Kartoffel- und Getreidebrennerei. „Daraufhin haben wir als Familie Kullmann – Mutter, Vater und ich – im März 2014 die Markenrechte für die Loburger Brennerei übernommen und uns mit der Produktion zunächst auf unseren Standort in Wiesenburg konzentriert, der schon immer in Familienbesitz war.“

Durch die engen Geschäftsbeziehungen zu Robert Dahl, Chef von Karls Erdbeerhof, für den die Brennerei Spirituosen herstellt, sei später die Idee entstanden, direkt gegenüber vom Rittergut Barby, dem Geburtshaus von Dahls Mutter, noch mal neu zu bauen.

Gesagt, getan. Am 2. April 2018 eröffneten die Kullmanns hier, wo bis dato das Silo der alten Getreidemühle als Schandfleck von Loburg galt, ihre neue Brennerei. Inklusive Schauraum und Verkauf.

Seither ist auch Alf Kullmann offiziell mit von der Partie. „Im ersten Leben wollte ich Förster werden“, erzählt der 52-jährige gelernte Versicherungskaufmann, der auch zwei Semester BWL und danach Forstwirtschaft studiert hat, lachend. „Ich bin da vorbelastet. Mein Vater, auch Jäger und großer Naturliebhaber, hat mich früher oft mit in den Wald genommen. Wegen einer Haushaltssperre wurden damals allerdings keine Förster übernommen.“ So sei er schließlich hauptberuflich zur Brennerei gekommen. „Inzwischen habe ich auch dafür meinen entsprechenden Abschluss als Destillateur.“

Handwerk und Passion

Was man als Destillateur alles beherrschen muss, erzählt uns der gebürtige Burger beim Rundgang: „Destillieren ist ein Handwerk, das neben Können auch Passion braucht. Bei uns läuft das ganz klassisch ab. Vom Rohstoff bis zur fertigen Ware machen wir alles im eigenen Haus.“ Die Rohstoffe – zum Beispiel Erdbeeren, Äpfel oder die Birnen für den beliebten Williams-Christ-Obstler – stammen überwiegend aus der Region. „Die Früchte werden vollreif angeliefert, bei uns zerkleinert und zermust, mit Hefe angesetzt und circa drei Wochen gegärt. Im Anschluss wird destilliert – und zwar direkt im Loburger Verkaufsraum. In der sogenannten Destillationsbrennblase warten heute bereits Wacholderbeeren und Koriander. „Daraus brennen wir unseren klassischen Dry Gin“, erklärt Kullmann. Dazu werde das Destillat drei Stunden lang bei 100 Grad gekocht und danach weiterbearbeitet. Zum Beispiel zu den farbenfrohen, mit Erdbeer-, Himbeer- oder Blaubeergeist gemischten fruchtigen Gins. „Eine Idee unserer jungen Kollegen, mit denen ich oft zusammensitze und an neuen Rezepturen für unsere Marken ‚Loburger‘ und ‚Kullmann’s‘ tüftele“, sagt Kullmann.

Aus 28 Kräutern

Der erste Kräuterlikör überhaupt, der in Loburg hergestellt wurde und immer noch als absoluter Verkaufsschlager gilt: der Loburger Laurentiustropfen, benannt nach der benachbarten Kirche und zusammengesetzt aus 28 Kräutern. Darunter Kardamom und Arnikawurzel – mehr will Kullmann aber nicht verraten.

Welche weiteren hochprozentigen Tropfen besonders gern ausgewählt werden? Im Trend lägen vor allem Gin und Whisky, sagt Kullmann und berichtet von einem ganz besonderen Erfolgserlebnis: „Unser (inzwischen ausverkaufter) Whisky Old Loburg. Der reifte zuerst in einem Portweinfass, wo er seine leicht fruchtige Note bekam. Im letzten seiner fünf Reifejahre haben wir ihn in ein amerikanisches Weicheichenfass umgelagert. Am Schluss hat er uns dafür mit einer außergewöhnlich spannenden Geschmackskombination verwöhnt.“ Kein Wunder also, dass die 700 Flaschen schnell weg waren. Ein weiteres Fass sei aber in Vorbereitung, verspricht Kullmann und erzählt von einem weiteren „Experiment“: „Unser Dry Gin, den wir ein Jahr lang im Holzfass gelagert haben. Was ihm nicht nur seine dunkle Farbe, sondern auch seinen besonderen Geschmack verleiht.“ Mit seinen 45,9 Prozent ist dieser Gin zugleich das Hochprozentigste, das die Loburger Brennerei offeriert.

Bei allen Experimenten, Kullmanns persönlicher Favorit ist und bleibt die gebrannte Williams Christbirne. „Egal ob als Obstler oder als Brand“, sagt er.

Was der Destillateur für die anstehende Weihnachtszeit offeriert? „Unseren Christmas Gin mit allerlei weihnachtlichen Gewürzen.“ Oder darf’s ein Likörchen sein? Da wartet der gebrannte Gewürzapfel, die Winterpflaume oder auch ein Zimt-Sahne-Likör auf die geneigten Gaumen. Wohl bekomm’s!

Mehr im Netz: Tauchen Sie ein in die Welt der handwerklichen Destillation: Auf Anfrage bieten die Kullmanns Führungen durch die Brennereimanufaktur an. Anmeldung unter: www.brennerei-­manufaktur.de/fuehrungen

 3 Fragen an Alf Kullmann:

 Wie erkenne ich beim Kauf eine gute Spirituose?

Achten Sie auf natürliche Inhaltsstoffe und regionale Produkte. Auch der Preis ist ein Indikator. Hochwertige Spirituosen sind nicht billig, stehen dafür in der Regel für eine gute Verarbeitung. Ich achte beim Kauf darauf, dass die Spirituose aus einem handwerklich arbeitenden Manufakturbetrieb, so wie wir es sind, stammt. Wir produzieren frisch, verzichten auf Konzentrate, kontrollieren jede eingesetzte Zutat. Das schmeckt man dann eben auch.

Passen neben Wein auch Schnäpse zu einem guten Essen?

Ich bevorzuge zum Essen ein gutes Glas Wein. Zum Verdauen darf es gern ein schöner Kräuter oder ein Aquavit sein.

Was liegt derzeit im Trend?

Gin und Whisky.