Musiklehrer Christian Hoffmann spielt und singt mit und für junge Menschen im Jerichower Land.


Corona macht erfinderisch. Das gilt auch für die Musik. Als Singen aus Infektionsschutzgründen nicht mehr gestattet war, hatte Christian Hoffmann, Musiklehrer am Burger Roland-Gymnasium, eine Idee: „Okey, es darf nicht mehr gesungen werden, es herrscht nur noch Stille. Wir singen trotzdem. Virtuell. Den Sound of Silence – das ist unsere Botschaft.“ 36 Schülerinnen und Schüler konnte er fürs Mitmachen begeistern. „Per Mail bekamen sie von mir die entsprechend arrangierten Noten und eine Audiodatei mit meiner Stimme.“ Dazu gab´s seine Klavierbegleitung in die Kopfhörer, sein Dirigat auf den Bildschirm und die Bitte an die Schüler, zu Hause zu singen und sich dabei aufzunehmen. „Ich habe die Audios synchronisiert und schon war es wieder ein Chor – ein digitaler.“ Den kann man sich auf YouTube ansehen und anhören (https://www.youtube.com/watch?v=p4gF3rMSruw). Schnell seien das MDR-Fernsehen und Radio SAW aufmerksam geworden. Selbst in einem finnischen TV-Sender kam der Chor zum Einsatz. „Und meine Schüler haben begeistert Klicks gezählt“, berichtet Hoffmann. „Die 100.000er-Marke hatten wir ziemlich flott geknackt.“


Geübt nach Gehör

Neben Musik lehrt der 43-Jährige auch Russisch sowie inzwischen Deutsch als Fremdsprache für ukrainische Kinder. Studiert hat er in Magdeburg. „Erstes und zweites Staatsexamen – so hieß mein Abschluss damals“, sagt er. Zur Musik gekommen sei er als Autodidakt. „Meine Eltern spielen kein Instrument, aber ich hatte Lust darauf.“ Also habe er angefangen, auf einem Klavier zu üben. Nach Gehör. „Obwohl ich nie Unterricht bekam, konnte ich meine Klasse relativ schnell am Klavier begleiten“, erzählt er. Gleiches gilt für all die anderen Instrumente, denen er Melodien zu entlocken weiß. „Vom Musiklehrer wird ja erwartet, dass er alles kann“, kommentiert er lachend. Neben Klavier spielt Hoffmann unter anderem Cembalo. „Orgelspielen habe ich am Landesgymnasium für Musik in Wernigerode gelernt, wo ich zur Schule ging.“ Kontrabass, eines seiner Lieblingsinstrumente, brachte er sich nach dem Studium selbst bei. Auch Blasinstrumente wie verschiedene Flöten, Klarinette, Gitarre und Ukulele gehören zu seinem Repertoire. Ausgebildet ist Hoffmann zudem in Chor- und Orchesterleitung. „Dirigieren gehört zu meinem Tagesgeschäft“, sagt er.

Seine Begeisterung für die Musik versucht er an seine Schüler weiterzugeben. Im Unterricht und in außerunterrichtlichen Angeboten. Auch die habe er immer sehr ernst genommen, seit er 2006 als Lehrer startete. „2013/14 kam ich ans Burger Roland-Gymnasium, habe hier einen Oberstufenchor für die Schüler der zehnten bis zwölften Klassen gegründet und zudem angefangen, ein Schlagwerkensemble aufzubauen.“

Der Kinderchor vereint Zehn- bis Zwölfjährige. „Und dann gibt’s da noch die von mir sehr geliebte Kammermusik mit einer ganz kleinen, feinen Truppe.“ Für die arrangiert er vor allem Klassikstücke und Barockmusik. „Die spielen wir dann gemeinsam mit wechselnden Instrumenten und in wechselnder Besetzung.“ Die heutige Probe bestreiten beispielsweise zwei Schüler der elften Klasse vierhändig am Klavier, eine Lehrerkollegin an der Oboe und ein Kollege an der Trompete. Er selbst spielt dazu den Kontrabass.

Christian Hoffmann am Kontrabass mit einer Lehrerkollegin an der Oboe und einem Kollegen an der Trompete.

Neben Klavier, Cembalo, Flöte, Klarinette, Gitarre und Ukulele gehört auch der Kontrabass zu Christian Hoffmanns Repertoire.

Christian Hoffmann versucht seine Begeisterung für die Musik an seine Schüler weiterzugeben

Ich mache nichts im Kämmerlein

Junge Menschen zum Singen und Spielen eines Instrumentes zu begeistern sei „gar nicht so leicht“, räumt er ein. Singen sei vielen Schülern peinlich, ein Instrument zu lernen zu aufwendig und langatmig. „Also lebe ich ihnen vor, wie viel Freude Musik bewirken kann. Zugleich mache ich nichts im stillen Kämmerlein, versuche vielmehr, die Schüler so oft wie möglich vor Publikum zu bringen.“ Das kommt gut an. Sowohl die Chöre als auch die Percussion-Band sind gut nachgefragt: in der Schule, in der Stadt, im Landkreis, beim Kreissportbund, beim Feuerwehrfest ... „Und der wohlverdiente Applaus, den es dafür gibt, der macht stolz auf das Erreichte, motiviert zum Weitermachen und – ganz wichtig – stärkt das Selbstbewusstsein.“ Hoffmann hat die Erfahrung gemacht, dass jeder junge Mensch ein starkes Bedürfnis habe, sich emotional auszudrücken. Oft fehle dafür aber das Wie. „Musik ist ein wunderbares Mittel, das zu tun. Auch öffentlich. Und mit dem ganzen Körper. Ich spüre immer wieder, wie gut das meinen Schülern tut. Zu singen und zu spielen vermittelt Lebensfreude, Glücksgefühle. Mit Musik kann man Botschaften versenden.“


Musik im Kopf

Für ihn selbst sei Musik Job und Leidenschaft zugleich. „Wenn man sein Hobby zum Beruf macht, hat man entweder nur Arbeit oder nur Hobby“, kommentiert er augenzwinkernd. „Neben der Musik brauche ich aber auch ganz viel anderes. Stille, Natur, Wassersport.“ Losgelöst von der Musik sei das dann aber auch nicht ganz. Denn jedes Mal, wenn er durch die Wälder streife, bringe das zugleich neue Inspirationen: für ein neues Stück, den nächsten Auftritt, für seine Musicals, die er komponiert und bei denen ihm der regionale Bezug wichtig ist. „Während ich dem Rauschen der Bäume lausche, überlege ich schon, wie und wo sich das musikalisch einbinden lässt.“ Das Jerichower Land klinge für ihn ganz wunderbar. Nach Stille und ganz viel mehr. „Man muss nur zuhören, dann wird man vom Klang der Stille inspiriert“, sagt er.

Und wenn er dann in seinem Kajak die Stille auf der Elbe genießt, dann kommt es eben durchaus vor, dass er dabei Takte auf den Bootsrumpf trommelt. Denn: „Musik ist nun mal immer in meinem Kopf.“