Wenn es im Jerichower Land irgendwo zu laut wird, tritt Stefan Köhne häufig auf den Plan.

Des einen Freud ist manchmal des anderen Leid. Denn was unseren Ohren zumutbar ist, empfindet jeder anders. Aber es gibt festgelegte Grenzen für Lärm. Dass diese auch eingehalten werden, verantwortet seit zehn Jahren Diplomingenieur Stefan Köhne von der Immissionsschutzbehörde des Jerichower Landes mit.


HERR KÖHNE, WIE DEFINIERT SICH LÄRM?
Lärm ist ein subjektiver Begriff, der ja bereits projiziert, dass es sich um etwas Störendes handelt, um ein unerwünschtes Geräusch. Wichtig dabei: Jeder Mensch empfindet das anders. Den einen stört laute Trompetenmusik, besonders wenn der Nachbar sie nach 22.00 Uhr zum Besten gibt. Den anderen juckt das nicht. Wir versuchen, Geräusche über den sogenannten Schalldruckpegel, eine technische Größe, objektiv abzubilden.
WIE DENN?
Durch Berechnungen und Messungen. Dabei unterscheiden wir zwischen dem normalen Schalldruckpegel, der die Stärke eines Schallereignisses beschreibt und in Dezibel gemessen wird, und dem (A)-bewerteten Schalldruckpegel, der wirklich nur den Frequenzbereich berücksichtigt, den der Mensch tatsächlich hört.
AB WANN IST EIN GERÄUSCH NICHT MEHR AKZEPTABEL?
Das hängt davon ab, um welche Art von Geräusch es sich handelt und wo es auftritt. Unterschiedliche Richtlinien und Verwaltungsvorschriften regeln Geräusche, die etwa durch den Straßenverkehr, durch Bauvorhaben, Geräte, Sportanlagen und so weiter verursacht werden. Die Trompete etwa zu nachtschlafender Stunde gilt als Freizeitlärm, geregelt in der Freizeitlärmrichtlinie, die festschreibt, in welchem Gebiet es wann wie laut sein darf. Als Nachtruhe gelten in Deutschland die Stunden von 22.00 bis 6.00 Uhr. In dieser Zeit sollten jegliche Geräusche auf Zimmerlautstärke reduziert werden, sprich 30 bis 40 Dezibel nicht überschreiten.
WELCHE AUFGABE HAT DIE IMMISSIONSSCHUTZBEHÖRDE?
Wir kümmern uns um sämtliche Immissionen, also um Störfaktoren, die im Jerichower Land zu Beeinträchtigungen führen können. So sind zum Beispiel große Industrieanlagen gemäß Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungspflichtig. Das machen wir. Mein Part sind vor allem die nicht genehmigungspflichtigen Anlagen. Kommt es da zu Beschwerden, bin ich als Konfliktlöser auf objektiver Ebene gefragt.
WELCHE ART VON KONFLIKTEN ERREICHEN SIE AM HÄUFIGSTEN?
Nachbarschaftsstreitigkeiten. Der zu laute Rasenmäher am Sonntag. Die Kettensäge früh am Morgen. Die nervige Luft-Wärmepumpe rund um die Uhr. Es gibt viele weitere Beispiele.
WIE REAGIEREN SIE DARAUF?
Ich höre beide Seiten an und versuche, nach objektiven Kriterien zu beurteilen. Zuerst prüfe ich, wie laut es sein darf, und messe nach. Gibt es eine Überschreitung der in der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm festgeschriebenen Werte, prüfe ich den Stand der Technik einer Anlage, zum Beispiel einer als störend empfundenen Luft-Wärme-Pumpe. Dann wird nach Lösungsansätzen gesucht: Haben diese Geräte eine Nachtbetriebsfunktion? Kann man sie isolieren oder ummanteln? Vor allem versuche ich jedoch, Konflikte durch Kommunikation zu lösen. Und genau das empfehle ich auch allen Betroffenen.
WELCHE GESUNDHEITLICHEN AUSWIRKUNGEN KÖNNEN DAUERHAFT STÖRENDE GERÄUSCHE HABEN?
Sie können zu Herz-Kreislauf-Problemen führen. Deshalb gibt es von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Werte, die nicht überschritten werden sollten. Kurzfristig kann auch Schlafmangel beeinträchtigende Auswirkungen haben.
WAS STÖRT SIE EIGENTLICH AM MEISTEN?
Ich wohne neben einer Straße, einer Bahn und einer Kita – mich reißt so schnell nichts vom Hocker. Zugegeben, für meine Partnerin war es zunächst eine Umstellung. Inzwischen schläft sie aber genauso gut wie ich – und das bei geöffnetem Fenster. Aus einem Geräusch wird ja erst dann Lärm, wenn wir es so empfinden. Geräusche sind immer auch eine Frage der Akzeptanz